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Recktenwald, Nadine

Nadine Recktenwald, M.A.

Kontakt

Postadresse
Historisches Seminar der LMU München
Neueste und Zeitgeschichte
ProMoHist
Geschwister-Scholl-Platz 1
80539 München

Büroadresse
Institut für Zeitgeschichte, Leonrodstraße 46b, 80636 München

Telefon: +49 (0) 89 / 12688 - 140

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ZUR PERSON

  • seit Januar 2015 Promotionsstipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes
  • 04/2014-12/2014: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin
  • 02/2014: Magister Artium an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit der Arbeit „Die Topologie der Obdachlosen. Zwischen Öffentlichkeit, Institutionalisierung und Isolierung, München 1918-1933“.
  • 04/2009–02/2014: Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Mittelalterlichen Geschichte und Neueren Deutschen Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität München

PROJEKT

Räume der Obdachlosigkeit. Urbane Erfahrungen und Identitätskonstruktionen von Obdachlosen zwischen Fürsorge und Strafe, 1920-1970

Im Zentrum des Dissertationsprojekts steht Obdachlosigkeit als soziales Phänomen des 20. Jahrhunderts und damit die soziale Realität der Obdachlosen in deutschen Großstädten zwischen dem Beginn ihres fürsorgerechtlichen Versorgungsanspruchs 1924 und dem Ende ihrer strafrechtlichen Verfolgung 1974. Unabhängig vom politischen und wirtschaftlichen System wurden Obdachlose im 20. Jahrhundert stets als „Problem“, das mehrdeutigen Umgangsformen und Stigmatisierungen unterlag, thematisiert. Einerseits wurden sie als „sittliche Bedrohung“ und unwirtschaftliche „Asoziale“ strafrechtlich verfolgt und gesellschaftlich isoliert. Andererseits waren sie als Hilfsbedürftige im Fürsorgesystem des Wohlfahrts- und Sozialstaats verankert.

Die Dissertation stellt diese Kontinuität der Ambivalenz als Ausgangs- und Problemstellung in den Mittelpunkt. Es wird argumentiert, dass der Zustand der Obdachlosigkeit spezifische Erfahrungen prägte, die raum- und zeitübergreifend waren und sich in einer charakteristischen Identität der Obdachlosen niederschlugen. Das Projekt löst sich in seiner Analyse von politischen Systemen und historischen Einteilungen wie der Weimarer Republik, dem „Dritten Reich“, der Bundesrepublik und der DDR. Hingegen werden Erfahrungs- und Handlungsräume der Obdachlosen auf drei raumanalytischen Ebenen herausgearbeitet: Erstens der urbane und öffentliche Raum, in dem die Obdachlosen sowohl passive Objekte der gesellschaftlichen Wahrnehmung als auch aktive Subjekte in sozialen Interaktionen waren. Performative und symbolische Handlungseinheiten ermöglichten ihnen strategische Positionen, die gesellschaftliche und städtische Ordnungssysteme sowie normative Leitideale mitformten. Zweitens zeigt der verrechtlichte Raum der kommunalen Ämter, Polizeidirektionen und Strafgerichte das Zusammenspiel der staatlichen Institutionen untereinander und die direkte Auseinandersetzungen mit den Obdachlosen. An der Schnittstelle zwischen Fürsorge- und Strafrecht eröffneten sich ihnen weitreichende Einfluss- und Handlungsmöglichkeiten auf die Institutionalisierungsprozesse der Ämter. Der dritte Raum blickt auf die erfahrbare Isolation der Obdachlosen an Orten wie Asylen und Notunterkünften. Innerhalb der staatlichen Angebote und Zwangsmaßnahmen der Isolation herrschten eigene Formen des Zusammenlebens, die Gemeinschaften und Kulturtraditionen von Obdachlosigkeit entstehen ließen.

Über einen raumanalytischen Ansatz nimmt die Arbeit Kontinuitäten und Diskontinuitäten sowohl von Ausgrenzung und wohlfahrtsstaatlicher Praxis als auch von spezifischen, eigensinnigen Lebensformen – unabhängig von politischen Zäsuren – in den Blick der Analyse.

FINANZIERUNG

Studienstiftung des deutschen Volkes, Bonn

PUBLIKATIONEN

Räume der Obdachlosen. Städtische Asyle im Nationalsozialismus, in: Winfrid Süß/Malte Thießen (Hrsg.), Städte im Nationalsozialismus. Urbane Räume und soziale Ordnungen, Göttingen 2017, S. 67-88 (=Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus Bd. 33).

Der „Makel“ als Protest. Geschlechtsidentitäten unter westdeutschen Gammlern, in: Bernhard Gotto/Elke Seefried (Hrsg.), Männer mit Makel. Männlichkeiten und gesellschaftlicher Wandel in der Bundesrepublik Deutschland, München 2017, S. 75-87.

Vom Kunden zum Vagabund. Der Versuch der Adressierung der Landstraße durch die Bruderschaft der Vagabunden, in: Freunde der Monacensia e.V. Jahrbuch 2015, hrsg. v. Waldemar Fromm/Wolfram Göbel/Kristina Kargl, S. 247-263.

Tagungsbericht: Soziale Ungleichheit im Visier. Images von ,Armut‘ und ,Reichtum‘ in West und Ost nach 1945, 27.11.2014 – 28.11.2014, Münster, in: H-Soz-Kult, 11.03.2015, <http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-5864>.

Tagungsbericht: Enttäuschungen im 20. Jahrhundert. 02.12.2011-03.12.2011, München, in: H-Soz-u-Kult, 02.02.2012, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4035>.