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Lang, Sebastian

Sebastian Lang, M.A.

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Historisches Seminar der LMU München
Neueste und Zeitgeschichte
ProMoHist
Geschwister-Scholl-Platz 1
80539 München


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ZUR PERSON

  • seit Januar 2017 Promotionsstipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung
  • 04/2009-07/2014: Magisterstudium an der LMU München mit der Fächerkombination Neuere und Neueste Geschichte (Hauptfach), Historische Mediävistik, Germanistische Mediävistik
  • 10/2008-12/2014: Studium des Gymnasiallehramts an der LMU München mit den Unterrichtsfächern Deutsch und Geschichte

PROJEKT

Digital Pioneers: Die westdeutsche und US-amerikanische Video- und Computerspielszene in den 1970er und 1980er Jahren

Die Digitalisierung hat alle Bereiche der modernen Gesellschaft erschüttert und transformiert – darin sind sich Forscherinnen und Forscher aller Fachrichtungen einig. Doch schon bei der Frage, wann diese Entwicklung begann, spalten sich die Geister. Die Mehrheit der gegenwartsorientierten Studien sieht das Internet als Startpunkt dieses Prozesses. Dagegen spricht, dass schon Mitte der 1970er-Jahre, als die ersten Mikrocomputer Verbreitung fanden, ihre Nutzerinnen und Nutzer mit dem neuartigen Medium experimentierten und charakteristische Verhaltensweisen und Werte am Computer ausbildeten. Interessanterweise richteten sich die Praktiken in und um die Elektronik- und Computerbranche dabei von Beginn am Spiel aus, weshalb mein Projekt folgende Ausgangsthese aufstellt: Die Video- und Computerspielszene in den siebziger und achtziger Jahren bereitete die digitale Entwicklung der Gesellschaften in den USA und Westdeutschland vor und trieb sie voran.
Somit untersucht die Arbeit Bereiche der Digitalisierung, die die Forschung bisher vernachlässigt hat.

Wissenschaftliche Arbeiten dazu, vor allem sozio- und politologische Studien, haben sich nämlich größtenteils mit der digitalisierten Arbeitswelt beschäftigt und damit neoliberale Stereotype reproduziert, indem sie den Wert von Arbeit überbetonen. Diese Perspektive aufzubrechen und sich den ludischen Anfängen der Digitalisierung zuzuwenden, verspricht dagegen, den einzigartigen, oftmals widersprüchlichen Charakter der digitalen Gesellschaft zu Tage zu fördern.

Was bedeutet nun aber ludisch? In den game studies verweist der Begriff im Allgemeinen darauf, dass Spiele im Unterschied zu ‚klassischen‘ Texten Simulationen sind, für die ludische Elemente mindestens so konstitutiv sind wie narrative. Das heißt, dass Spiele erst durch das Gespieltwerden entstehen. Dieser Form der Medienkonsums weist deutliche Unterschiede zur passiveren Rezeption des Buches oder Films vor. Sie ist deshalb abhängiger von den spezifischen Funktionen, die Spielende dem digitalen Spiel zuweisen.

Zu verstehen, welche besondere Bedeutung dem Spielen in den USA und Westdeutschland in den 1970er und 1980er Jahren zukam, ist dementsprechend Ziel meines Projekts. Um charakterisieren zu können, wie sich Produzierende und Konsumierende neue Technik durch das Spiel aneigneten, möchte in meiner Arbeit vorweg drei Bedingungen klären, in denen dieser Prozess vonstatten ging.

Erstens ist zu diskutieren, welche Personen und Gruppen sich mit digitalen Spielen auseinandersetzten, mit einem besonderen Fokus auf In- und Exklusionprozesse. Zweitens bestimmte der diskursive Rahmen, den diese Akteure vorfanden und schließlich nutzten, die spielerische Aneignung digitaler Medien. Deshalb ist unter anderem zu untersuchen, welche Vorstellungen von Gesellschaft innerhalb der Szene kursierten, mit dem Schwerpunkt auf der gesamtgesellschaftlichen Rolle, die man sich selbst und der Technik zuwies. Was überhaupt waren die technischen und materiellen Voraussetzungen für den Diskurs? Sowohl diese diskursiven Bedingungen als auch das individuelle Engagement waren im Videospiel(en) repräsentiert und reproduzierten sich dort auch. Deshalb stellen die strukturellen Formen digitaler Spiele schließlich eine dritte Bedingung für die Aneignung dar.

Auf dieser Basis, nämlich die gängigen spielerischen digitalen Verhaltensweisen und Repräsentationsformen innerhalb der westdeutschen und US-amerikanischen Videospielszene, lässt sich dann beschreiben, welche bestimmte Funktionen digitale Spiele in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten erfüllten. Dabei gilt es, ihre Bedeutung für Unternehmen, wie Atari und Apple, im Privaten, für die Familie und individuell, oder für stärke institutionalisierte Bereiche, wie den Bildungssektor, nachzuvollziehen.

FINANZIERUNG

Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn