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Ullrich, Anna

Dr. des. Anna Ullrich

Promotion im Sommersemester 2016
Titel der Dissertation: "Was liegt 'zwischen Hoffnung und Enttäuschung'? Erwartungsmanagement deutsch-jüdischer Vereine und gesellschaftlicher Antisemitismus 1914-1938"

Kontakt

Postadresse
Institut für Zeitgeschichte
Leonrodstraße 46 b
80636 München

Telefon: +49 (0) 89 / 12688 - 164

Website: Institut für Zeitgeschichte München

Weitere Informationen

ZUR PERSON

  • Juni 2016 Abschluss des Promotionsverfahrens, seitdem Mitarbeiterin am Institut für Zeitgeschichte München
  • 06/2012 - 2016 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Leibniz Graduate School „Enttäuschung im 20. Jahrhundert. Utopieverlust – Verweigerung – Neuverhandlung“
  • 01/2012 Magister Artium mit der Arbeit "Hauptthemen und Handlungsspielräume der jüdischen Presse im Dritten Reich am Beispiel der 'Jüdischen Rundschau' 1933-1935"
  • 10/2006 - 01/2012 Magisterstudium der Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft und Medienwissenschaft an der Universität Trier und der Virginia Commonwealth University, Richmond, VA.
  • 03/2007 - 01/2012 Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes

PROJEKT

Erwartungs- und Erfahrungsräume deutscher Juden 1914-1938

Die im Rahmen der Leibniz Graduate School „Enttäuschung im 20. Jahrhundert. Utopieverlust – Verweigerung – Neuverhandlung“ entstehende Dissertation stellt die Frage nach den Reaktionen deutscher Juden auf Antisemitismus, Ausgrenzung und Zurücksetzung während des Ersten Weltkrieges, der Weimarer Republik und den ersten Jahren des Nationalsozialismus. Es ist evident, dass deutsche Juden, trotzdem sie in der Mehrheit sehr ähnliche derart negative Erfahrungen machten, diese höchst unterschiedlich bewerteten. Dementsprechend vielfältig sind die Verhaltensweisen, Erklär- und Handlungsmuster, die gewählt wurden, um Antisemitismus etwas entgegenzusetzen. Warum zogen deutsche Juden aus diesen ähnlichen Erfahrungen derartig gegensätzliche Schlüsse für ihr Leben in Deutschland? Inwiefern beeinflussten Erlebnisse in den Jahren vor 1933 die Entscheidungen deutscher Juden zu bleiben oder zu gehen?

Ein emotionsgeschichtlicher Ansatz soll helfen, sich diesen Fragen anzunähren. Im Zentrum der Arbeit stehen vor allem Quellen, in denen es zu einer Enttäuschungsäußerung kommt. Enttäuschung wird dabei als Knotenpunkt zwischen positiven Erwartungen – beispielsweise die Hoffnung auf gesellschaftliche Gleichberechtigung – und negativer Erfahrungen – wie berufliche Zurücksetzung oder antisemitische Ausschreitungen – verstanden, die eine Neubewertung der jeweiligen Situation und meist eine veränderte Handlungsweise erfordern. Die Analyse der Äußerungen gibt dementsprechend nicht nur Aufschluss darüber, wie enttäuschende Erlebnisse wahrgenommen und interpretiert wurden, sonder auch, welche Hoffnungen und Erwartungen ihnen vorangestellt waren und welche Maßnahmen zu deren Verarbeitung gewählt wurden. Darüber hinaus soll diese Erfahrungskette (Erwartung – Enttäuschung – Bewältigung) zeigen, welchen Einfluss zurückliegende ‚enttäuschende‘ Erfahrungen auf die Konstruktion neuer Erwartungshaltungen besaßen und inwieweit sie eine Rolle bei der Wahl alter oder neuer Bewältigungsstrategien spielten.

Dementsprechend sind für die Arbeit vor allem innerjüdische Aufzeichnungen von Interesse, wie Briefe, Tagebücher, vereinsinterne Korrespondenzen und jüdische Zeitungen. Eine Unterteilung in öffentliche und nicht-öffentliche Quellen soll zeigen, wie Gefühlsausdrücke je nach Kommunikationsraum modifiziert werden konnten oder mussten. Mit Hilfe ‚weiblicher‘ Quellensamples, wie Unterlagen des Jüdischen Frauenbundes oder privaten Aufzeichnungen deutscher Jüdinnen, sollen außerdem Genderspezifika bei der Kommunikation von und Reaktion auf Enttäuschung, herausgearbeitet werden.

Die Gliederung der Arbeit wird sich an ausgewählten Quellensamples und Fallbeispielen orientieren. Dabei soll, soweit wie möglich, die politische, religiöse und soziale Vielfalt des deutschen Judentums im Untersuchungszeitraum berücksichtigt werden - zum einen, um zu zeigen, inwieweit diese höchst heterogene Gruppe Hoffnungen und Wünsche für ihr weiteres Leben in Deutschland teilte; zum anderen, um Erklärungsansätze für die unterschiedlichen Reaktionen auf private wie öffentliche Enttäuschungserfahrungen herauszuarbeiten.

FINANZIERUNG

Leibniz Graduate School „Enttäuschung im 20. Jahrhundert“, getragen vom Institut für Zeitgeschichte und der LMU München, mit Finanzierung durch die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL)