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Awono, Ndzodo

Ndzodo Awono, M.A.

Forschungsstipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) 2014-15
jetzt Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Übersee-Museum Bremen

Kontakt

Postadresse
Übersee-Museum Bremen
Arbeitsbereich Globalgeschichte
Bahnhofsplatz 13
28195 Bremen

Büroadresse
Raum 4.023

Telefon: +49 (0) 421 16038 - 129

Website: Übersee-Museum Bremen

Weitere Informationen

ZUR PERSON

  • seit März 2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg mit einem Projekt zum Thema "Museumssammlungen im Spannungsfeld der sich etablierenden kolonialen Situation. Die Afrika-Sammlungen des Übersee-Museums Bremen aus den ehemaligen deutschen Kolonien"
  • 2011-2014: Dozent am Institut Supérieur de Traduction et d'Interpretation (ISTI) in Yaoundé
  • 2010: DEA-Arbeit mit dem Titel "Bevölkerungsmobilität und Verbreitung von Krankheiten in Kamerun in der deutschen Besatzungszeit" (DEA: diplôme d’études approfondies)
  • 2010-2014: Wissenschaftliche Hilfskraft in der Germanistikabteilung der Universität Yaoundé I
  • 2007: Maîtrise-Arbeit zum Thema "Erforschung und Bekämpfung der Schlafkrankheit im Schutzgebiet Kamerun; 1901-1914"
  • 2004-2011: Deutschlehrer in Yaoundé/Kamerun, in den Sekundarschulen (collèges) Les Bambis, Kiatabala und Père Monti

PROJEKT

Im 19. Jahrhundert sollte die Kolonisation eine zivilisatorische Aufgabe erfüllen. Im Gegensatz dazu war sie aber gleichbedeutend mit Unterdrückung, Gewalt und Diskriminierung. Diesen Zusammenhang, der nicht mehr den Hauptzielen der Kolonisation entsprach und demnach das Benehmen der Kolonisatoren und Kolonisierten sowie das ganze Kolonialunternehmen beeinflusste, bezeichnen die Historiker als koloniale Situation. Das von dieser kolonialen Situation abhängige Verhalten der Kolonialakteure wird Kolonialverhalten genannt. Das Besondere am Kolonialverhalten besteht darin, dass es sich von einer sozialen Gruppe zu einer anderen bzw. von den Kolonisatoren zu den Kolonisierten unterscheidet, und innerhalb jeder Hauptgruppe werden verschiedene Tendenzen festgestellt. Festzuhalten ist, dass die koloniale Situation und das Kolonialverhalten nicht voneinander zu trennen sind, denn sie hängen voneinander ab.

Was verstehen wir unter kolonialer Situation? Für Georges Balandier verweist die koloniale Situation auf die kulturelle, wirtschaftliche und religiöse bzw. christliche Macht, die eine kleine Gruppe von Fremden unter dem Vorwand rassischer, kultureller und wirtschaftlicher Überlegenheit, über eine kulturell wirtschaftlich verspätete und nicht-christliche Mehrheit autochthoner Völker ausübt. In der kolonialen Situation spitzt sich die Opposition bzw. der permanente Antagonismus zwischen dem Kolonisierenden und dem Kolonisierten zu, was Memmi dazu führt zu behaupten, dass die koloniale Situation sowohl Kolonisten als auch Kolonisierte erzeugt. Diesen Antagonismus drückt Abdul R. JanMohamed folgendermaßen aus: „The dominant model of power and interest-relations in all colonial societies is the manichean opposition between the putative superiority of European and the supposed inferiority of the native.“ JanMohamed hebt die Tatsache hervor, dass der Antagonismus zwischen Kolonisator und Kolonisiertem mit der Opposition zwischen der vermeintlichen Überlegenheit der Europäer und der angenommenen Unterlegenheit der "Eingeborenen" zusammenhängt. Der Kolonisator nutzt die koloniale Situation aus, um nach der Erniedrigung bzw. der Beseitigung des Kolonialisierten zu trachten. Für Memmi schließt die Entwürdigung des Kolonisierten zugleich die der Kolonie ein und diese Geringschätzung bzw. Beseitigung des Kolonisierten wirkt stark auf das Leben und das Verhalten der Kolonisierten und Kolonisatoren aus. Die Entwürdigung des Kolonisierten ist nur als Ausdruck des Rassismus zu deuten, der die koloniale Situation stiftet. Diese ausschlaggebende Wirkung des Rassismus auf die koloniale Situation betont auch Memmi. Er ist der Ansicht, dass der Rassismus der Beziehung zwischen dem Kolonisator und dem Kolonisierten zugrunde liegt. Als Ausdrucksformen dieses Rassismus zählt die alltägliche Ungerechtigkeit, die die "Eingeborenen" ständig erleiden, aber auch die Tatsache, dass der Kolonisator ihnen das Recht auf Freiheit verweigert. Dementsprechend missbraucht der Kolonisator seine moralische, geistige und militärische Macht, um die "Eingeborenen" zu unterwerfen. Er stützt sich deshalb auf die Gesetze oder Ausnahmegesetze, die er verabschiedet, und die die Anwendung der Gewalt gegen die Kolonisierten legitimieren und ermöglichen, auf seine finanziellen Mittel, die Vorurteile gegenüber den "Eingeborenen" und besonders auf die Kolonialinstitutionen wie zum Beispiel die Justiz, die Polizei und die Verwaltung, die völlig unter seiner Kontrolle stehen. Laut Omgba hängt die koloniale Brutalität mit dem Hassgefühl der Kolonisatoren gegenüber den Kolonisierten zusammen aber auch mit den Kolonialinstitutionen, die durch ihre Ausnahmegesetze die Anwendung der Gewalt rechtfertigen und begünstigen. Omgba ist der Ansicht, dass diese koloniale Brutalität auf dem Faustrecht gründet, dessen sich der Kolonisator bedient, um die "Eingeborenen" zu versklaven oder zu unterdrücken. Derselben Meinung ist Michel Leiris, insofern er der Überzeugung ist, dass die koloniale Situation auf alle Faktoren hinweist, die die Zukunft der "eingeborenen" Gesellschaft beeinträchtigen. Außer dem Rassismus, den Ungerechtigkeitsfällen, dem Antagonismus zwischen Kolonialisierten und Kolonisatoren und der missbräuchlichen Anwendung der Gewalt, die den Alltag in den Kolonien stiften, gründet die koloniale Situation hauptsächlich auf der Wirtschaft. Die Kolonisation wird daher als ein Unternehmen betrachtet, dessen Ziel es ist, die Kolonie wirtschaftlich zu erschließen und zu plündern. Hierzu schreibt Saint-Rondet: „[L]a domination se résume en une opération économique. Aux colonies, tout ce qui n’est pas affaire est secondaire.“ Memmi zufolge gründet die Propaganda der Expansionspolitik auf wirtschaftlichen Gründen. J. Ferry stimmte damit überein: Er ist der Meinung, dass die Wirtschaftsinteressen der Kolonialpolitik vorausgehen. Einen ähnlichen Standpunkt verteidigt Georges Balandier. Für ihn basiert die Kolonialexpansion auf dem wirtschaftlichen Imperialismus.

Das Dissertationsprojekt gründet auf der Hypothese, dass das deutsche Justiz- und Gefängnissystem in Afrika nur in der Theorie das europäische widerspiegelte, in der Praxis aber ganz andere Ziele verfolgte. Darum werden die Widersprüche - zwischen den Grundprinzipien, die das europäische Gefängnis leiten sollten und den Misshandlungen, die den afrikanischen Inhaftierten vor Ort verhängt wurden - hervorgehoben. Mit Rücksicht auf das deutsche Gefängnissystem in Afrika soll demonstriert werden, dass die koloniale Situation die zivilisatorische Mission der Kolonisation beeinträchtigte. Genau gesagt soll aufgezeigt werden, dass die deutsche Kolonisation in Afrika kein menschenfreundliches Unternehmen sondern ein Prozess politischer Unterdrückung war, mit dem Endziel, die Autochthonen und die Kolonien zu exploitieren.

FINANZIERUNG

Deutscher Akademischer Austauschdienst, Bonn-Bad Godesberg (Forschungsaufenthalt 2014-16)