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Bericht vom Seminarwochenende der Promotionsprogramme

ProMoHist und ProAmHist im Adlerhorst Schwangau

10.08.2015

Retreat Forggensee 

Im sogenannten Königswinkel, vor Alpenpanorama und in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Schlössern Neuschwanstein und Hohenschwangau, trafen sich von 10. bis 12. Juli 2015 Doktorandinnen und Doktoranden der Promotionsplattformen ProMoHist und ProAmHist zu einem Wochenendseminar.
Begleitet wurden sie von Prof. Margit Szöllösi-Janze, Prof. Martin H. Geyer sowie dem ProMoHist-Koordinator Dr. Martin Schmidt. Als Gäste konnten mit Dr. Annemone Christians und Dr. Johannes Gramlich zwei ehemalige ProMoHist-Mitglieder gewonnen werden, die von einem „Leben nach der Promotion“ zu berichten wussten und Einblicke in ihre beruflichen Tätigkeiten seit dem Erlangen des Doktorgrades gewährten.

Johannes Gramlich, der mit einer Arbeit über die Kunstsammlung der Thyssens promoviert wurde, erläuterte Aufgaben und Vorgehen der „Taskforce Schwabinger Kunstfund“, die nach dem Auffinden zahlreicher Gemälde und Zeichnungen in der Münchner Wohnung Cornelius Gurlitts gebildet wurde, um etwaige NS-Raubkunst zu identifizieren und an die rechtmäßigen Eigentümer beziehungsweise deren Erben zu restituieren.

Annemone Christians stellte die wechselhafte Geschichte des Potsdamer Haft- und Gerichtsortes Lindenstraße vor, der nach der Wiedervereinigung zunächst zu einer Gedenkstätte für die dort zu DDR-Zeiten inhaftierten Gegner des SED-Regimes wurde, seit einigen Jahren jedoch auch die Bedeutung der „Lindenstraße“ für die NS-Justiz in den Ausstellungsräumen thematisiert.

Unter dem Titel „Das Ich am Joystick“ präsentierte Sebastian Lang sein Forschungsprojekt über die Computerspielszene in Deutschland und den USA. Angeregt von den kultursoziologischen Schriften von Andreas Reckwitz möchte Lang die Bedeutung der Computerspielszene für den kulturellen Wandel diesseits und jenseits des Atlantiks erforschen.

Cyborgs, Roboter und künstliche Menschen standen im Mittelpunkt des Vortrags von Lisa Meineke (ProAmHist). In ihren Ausführungen ging Meineke auf den Wandel in der Porträtierung menschenähnlicher Wesen in der amerikanischen Populärkultur ein. Insbesondere Science-Fiction-Filme standen im Focus ihrer Analyse: Angefangen von Stanley Kubricks Meisterwerk „2001 – A Space Odissey“ bis hin zu den neuesten filmischen Werken wie „Terminator Genisys“.

Fabian Waßer (ProMoHist), Verfasser auch dieses Seminarreports, berichtete über den interinstitutionellen Wettbewerb zwischen bundesdeutschen Universitäten in den „langen 1960er Jahren“. Die Beschneidung universitärer Autonomierechte, die staatlichen Steuerungs- und Nivellierungsversuche sowie die beträchtlich gestiegenen Studierendenzahlen hätten dazu geführt, dass die Hochschulen kaum noch um StudienbewerberInnen und Prestige konkurrierten. Demgegenüber habe sich der Wettbewerb um ProfessorInnen aufgrund der großen Nachfrage ebenso verschärft wie der Wettbewerb um „Drittmittel“ nach Einführung der Sonderforschungsbereiche.

Von Industriedesign in bundesdeutschen Unternehmen im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts handelte der Vortrag von Yves Grossmann (ProMoHist). Grossmann führte aus, wie Absolventen der kurzlebigen Hochschule für Gestaltung in Ulm deutsches Industriedesign prägten und mit ihren praktikablen Entwürfen einen bedeutenden Anteil am Erfolg der Industrieprodukte hatten. Für den Untersuchungszeitraum von den 1960er bis 1990er Jahren konstatierte der Referent eine weitreichende Transformation des bundesdeutschen Industriedesigns.

Ein Zufallsfund in einem Bauernhaus im Münchner Umland wurde zum Auslöser für ein noch im Entstehen begriffenes Forschungsprojekt, über dessen Umrisse Juliane Hornung (ProMoHist) und Max Gedig berichteten. Mehrere Filmrollen waren dort vor wenigen Jahren wiederaufgefunden worden, die selbstgedrehte Aufnahmen der amerikanischen Multimillionäre Margaret und Lawrence Thaw aus den 1920er bis 40er Jahren zeigen, in denen sich die Jungvermählten als schillerndes „High Society“-Paar inszenierten. Der wechselhaften Familiengeschichte der Thaws wollen sich Hornung und Gedig anhand des wissenschaftlich noch vernachlässigten Konzeptes und Objektes der „High Society“ nähern.

Eine weitere Gruppe von Vorträgen widmete sich Themen des Kolonialismus, des Imperialismus und der Globalpolitik.

Ndzodo Awono (ProMoHist) berichtete über die Polizeitruppen in der deutschen Kolonie Kamerun und die Doppelmoral der Gouverneure, die Sklaverei offiziell verurteilten, jedoch in ihren eigenen Polizeitruppen Sklaven aus Dahomey einsetzten. Awono betonte, dass sich nicht nur europäische, sondern zunehmend auch kamerunische Historiker - teilweise unter ungleich schwierigeren Arbeitsbedingungen - mit der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte Afrikas beschäftigen.

Den imperialen Wandel in Australien und Südostasien nach dem Zweiten Weltkrieg rückte Christoph Ellßel (ProAmHist) in den Mittelpunkt seines Vortrags. Die Versuche der Amerikaner, im Rahmen des Colombo-Plans über ein großangelegtes Stipendienprogramm eine künftige Führungsschicht der südostasiatischen Staaten durch ein „liberales Erweckungserlebnis“ gegen den Kommunismus zu „immunisieren“, wurden vor dem Hintergrund des zerfallenden britischen Empires vorgestellt.

Sarah Earnshaw (ProAmHist) thematisierte in ihrem Vortrag die US-Außenpolitik vom Ende des Kalten Krieges bis in die Gegenwart. Insbesondere seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 versuche das State Department staatliche Souveränität neu zu definieren, so Earnshaw, und (militärische) Eingriffe in sogenannten ,failed states’ mit Verweis auf die weltweite Durchsetzung der Menschenrechte zu legitimieren.

Ein herzlicher Dank gebührt Prof. Margit Szöllösi-Janze und Prof. Martin H. Geyer, die sich in der arbeitsintensiven Schlussphase des Semesters Zeit genommen haben, sowie Dr. Martin Schmidt für die Organisation des Retreats.

Fabian Waßer

Programm